Same procedure as every year – jedes Jahr, wenn ich für die Bikeferien in Pontresina im Engadin bin, gehört eines gleich am ersten Tag in den Kühlschrank in unserer Bleibe: eine Engadiner Torte von Kochendörfer. Buttercrème, Mürbeteig, Florentinerdeckel. Ein Goodie mehr, das meiner Präferenz „je kalorienhaltiger, je lieber“ gehorcht.
Wegen des Präfix „Engadiner“ wird sie begrifflich oft mit der Nusstorte verwechselt, die es zu grosser Bekanntheit wohl weit über die Landesgrenze hinaus gebracht hat. Mit ihr hat die Engadiner Torte aber herzlich wenig gemeinsam. Kennen tut man dieses Süssgebäck denn eigentlich auch nur dort, ausserhalb des Engadins habe ich sie noch kaum je angetroffen.
Bis jetzt habe ich sie nur gekauft und gegessen. Auf die Idee, sie selber zu backen, bin ich noch nie gekommen. Sah zu kompliziert aus. Als mich aber letzthin mal jemand fragte, ob ich diese Torte kenne (aber sowas von) und sie nachbacken könne (nein, noch nie probiert), bin ich im Web guseln gegangen. Das Rezept wird in etwa so geheim gehalten wie jenes für die Appenzeller Kräutersulz: man findet praktisch nichts. Neben der Konditorei Kochendörfer, dessen Gründer sie offenbar vor einigen Jahrzehnten kreiert hat, wird sie mittlerweile auch von anderen Konditoreien in der Gegend angeboten. Das Rezept allerdings, das behalten sie alle für sich.
Rudimentäre Angaben, die mich Hoffnung schöpfen liessen, habe ich dann aber doch gefunden. Mürbeteig mit Haselnüssen, stand da etwa, oder Vanille-Buttercrème mit Kirsch, Florentinerdeckel. Mürbeteig mache ich etwa einen wöchentlich, erweitern wir den also noch um gemahlene Haselnüsse. Buttercrème habe ich noch nie gemacht, Rezepte für Tortenfüllungen oder auch für Cupcakes findet man aber zuhauf, ebenso Anleitungen für das Backen von Florentiner-Guetzli. Rezepte für die Einzelkomponenten, an denen man ein bisschen rumschrauben muss, sind vorhanden – warum also nicht probieren?
Dass die Engadiner Torte die Krönung meiner bisherigen Backtätigkeit werden würde, war mir von Anfang an klar. Auf die Details möchte ich gar nicht weiter eingehen, sonst wird’s langatmig. Nur soviel: den Florentiner-Deckel musste ich zweimal machen, der erste war viel zu dick geworden (woraus dann aber feine Guetzli wurden). Die Buttercrème musste ich ebenfalls zweimal machen, weil ich an der ersten rumpfuschte. So habe ich mich langsam, aber stetig an diese Kalorienbombe rangetastet.
Das Testpaar, das diese Spezialität ebenso liebt wie ich und das erste Exemplar vorgesetzt bekam meinte, es sehe so aus und schmecke wie das Original. Der ganze Aufwand hat sich also gelohnt, das Lehrgeld habe ich bezahlt, und ich schätze, dass ich die nächste in ca. einem Drittel der Zeit hinkriegen werde.
Hier geht’s zum Rezept.
Gerne ohne Citronat und Orangeat – dann könnte ich mich dafür auch erwärmen…
Orangeat und Citronat gehen zwar fast vollends unter, wenn man einen Bissen im Mund hat, aber ich fasse das für eine personalisierte Version gerne mal ins Auge, Schwesterherz. 🙂
Ich fand sie besser als das Original!
Wow, und das das gleich beim ersten Wurf? Das hätte ich jetzt wirklich nicht in meinen kühnsten Träumen erwartet. Danke Thomas, freut mich, dass es so gut geschmeckt hat. Da mache ich natürlich gerne wieder mal eine!
Hut ab, sieht super mega aus
Dankedanke, dann bringe ich gern mal eine mit. Und Shortbread, natürlich.
Sieht ja Super aus! Wie ist sie wohl so auf der Zunge? Wäre gerne Testperson.
Huhu vom Testpaar
Wir wollen nicht das Rezept, sondern eine Zugabe… und nach einem Tag schmeckt sie sogar fast noch besser.
Zugabe? Houu, das wird schwierig, demnächst bricht doch das Osterkuchenbackfieber aus! 🙂
Kompliment, aussehen tut sie wie das Original. Nachbacken ? Weiss nicht, hab mich noch nie an eine Torte gewagt und dürfte sie eh alleine essen.
Gibt es eine Warteliste für das Probieren dieser Torte? Wenn ja, wo kann man sich da eintragen?
Gibt‘ s noch nicht. Vielleicht sollte ich einen Web-Shop einrichten? Oder bald mal wieder eine machen.
Machen alleine reicht nicht, du musst mich dann auch noch einladen. Das wäre doch ein ideales Geschenk für Marcel Geburri gewesen, nicht wahr!
Habe als Backbanause 2 Torten gebastelt und diese diversen Kochendörfer Torten Liebhabern zur Beurteilung vorgelegt. Das Ergebnis war überaus positiv, einige fanden die Torte gar besser als das Original. Danke für das Superrezept.
Als „Backbanause“ sich an diese Torte ranwagen? Hut ab! Ich freue mich immer wieder, dass der ganze Aufwand, den ich dafür betrieben habe, auch anderen zugute kommt. Gerade letzthin habe ich ebenfalls wieder mal eine gemacht, der Kommentar ist oftmals auch „besser als das Original“.
Einen Tipp habe ich übrigens noch: nach meiner Erfahrung ist die Torte am besten, wenn sie nach dem Zusammensetzen 1 – 2 Tage im Kühlschrank „zieht“. Die Mürbeteigböden sind dann etwas weicher, aber nicht zu weich, und sie lässt sich gut schneiden. In diesem Zustand kann man sie im Gefrierschrank bestens konservieren. Torte in Einzelstücke aufschneiden, in Alufolie wickeln und gefrieren. Will man sie verzehren, nimmt man sie einfach ein paar Stunden vorher aus dem Gefrier- und legt sie in den Kühlschrank. In ein paar Stunden haben sie die perfekte Konsistenz. Ich konnte auch nach einem Monat kaum einen Qualitätsverlust feststellen.