Der Weissbrot-König von Zürich


Weissbrot

Man bemerke: die Bläschen auf der Brotoberfläche. Beisst man in eine Scheibe dieses Weissbrots rein, so knistert es in der Kruste. Damit aber noch nicht genug: im Mund entfaltet sich ein Geschmack, den man bei keinem Brot aus dem Supermarkt mehr findet. So schmecken nur solche, wie ich sie aus der Kindheit oder heute noch von Dorfbäckereien auf dem Land kenne. Das hier aber, das gibt’s mitten in der Stadt Zürich.

Jahrelang habe ich bei der Bäckerei Stocker, die mehrere Filialen in der Stadt Zürich betreibt, im Vorbeigehen am Hauptbahnhof mein Brot gekauft. Durch verschiedene Sorten habe ich mich durchprobiert: Dinkel, Vollkorn, Baguette, etc.. Am Schluss war ich beim St. Galler Weissbrot gelandet. Einen so exquisiten Brotgeschmack hatte ich schon lange nicht mehr in einem Brot gefunden. In der Baguette von Seri vielleicht, aber Baguette ist eine andere Geschichte.

Schon oft hatte ich diesen Brotlaib mit den feinen Bläschen im Verkaufsregal gesehen und immer gedacht: ist ja nur profanes Weissbrot, der Standard halt. Wie der Schuster blieb ich bei meinen Leisten und kaufte eins ums andere Mal mein St. Galler Weissbrot. Letzte Woche traf dann aber das Unvermeidliche ein: keiner meiner rundlichen Lieblingslaibe mehr im Regal, ich brauchte aber dringend Brot.

Was tun? In den vermeintlich sauren Apfel beissen und das vermeintlich langweilige Weissbrot für CHF 2.80 kaufen. Beim Weggehen die Nase in die Papiertüte gehalten: was für ein himmlischer Brotgeruch. Umgehend ein Stück von der Kuppe abgebrochen: hat das wunderbar geknistert. Konsistenz: nicht zu luftig, nicht zu kompakt, feuchtes Brotinneres, knusprig-trockenes Brotäusseres. In den Mund geschoben und gegessen: der Geruch fand im Geschmack seine Fortsetzung. Irgendwas macht die Bäckerei Stocker besser als alle anderen. SO muss Brot schmecken.

Meine Empfehlung deshalb: wer immer eine Filiale von Stocker in seiner Nähe hat – gehet hin und kaufet deren Weissbrot. Und verlangt das mit den Blasen auf der Kruste.

Hier geht’s zu den Standorten der Bäckerei Stocker.

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Aprikosensaison!


Aprikosenstreusel

… ist momentan natürlich mitnichten. Trotzdem habe ich letzte Woche in den Bergen bei tiefwinterlichen Verhältnissen einen Aprikosenkuchen gegessen, der dermassen intensiv nach der orangen Steinfrucht geschmeckt hat, dass meine Lust nach mehr geweckt wurde.

Die Saison für diese fleischigen Früchte mit dem wunderbaren Aroma ist erst im Sommer. Was also hat ein Aprikosenkuchen im Winter verloren? Saisonale Köstlichkeiten sind doch eine feine Sache: sie dann zubereiten, wenn der Boden die Zutaten hergibt, und sich die restliche Zeit des Jahres darauf freuen, bis es wieder soweit ist. Saisonal kochen verleiht dem Jahr kulinarische Struktur: Wintergemüse in der kalten Jahreszeit, im Februar folgt an geschützten Lagen der Bärlauch mit den ersten zarten Blättern, später dann der Waldmeister mit seinem Cumarin-Aroma für die Maibowle, dann blüht der Schwarze Holunder undsoweiter. Ich kann’s jeweils kaum erwarten, bis die Zeit jeder Spezialität gekommen ist.

Aber wir wollen mal nicht päpstlicher sein als der Papst: wenn’s geht saisonal, wenn’s sein muss, lassen wir fünfe auch mal gerade sein und essen Aprikosenkuchen im Winter. Was zur nächsten Frage führt: Wo zum Henker hat der Bäcker der wunderbaren Süssigkeit in dieser Jahreszeit überhaupt Aprikosen herbekommen? Frisch habe ich die seit Sommer in keinem Verkaufsregal mehr gesehen, weshalb sie nach ihrem Verschwinden jeweils bis zum nächstjährigen Auftauchen von meinem Radarschirm verschwunden sind.

Für die Verfügbarkeit mitten im Winter kann es eigentlich nur eine Erklärung geben: die müssen die Zeit von der Ernte bis heute tiefgefroren überdauert haben. Sofort via Smartphone die Online-Shops von Coop und Migros durchsucht: tatsächlich, gibt es bei beiden, halbiert und entsteint, bei Migros sogar in der Bio-Variante aus Ungarn. Und ich hatte die nie gesehen? Unglaublich.

Am Samstagmittag war ich aus den Ferien zurück, zwei Stunden später lag das Objekt meiner Begierde im Einkaufskorb, am Sonntagmorgen wanderte der Inhalt des Beutels eingepackt in Mürbeteig, aufgefüllt mit Eier-Rahm-Guss und bedeckt mit Streuseln in den vorgeheizten Backofen.

Hier geht’s zum Rezept.

Schon probiert? Tremoços


Tremoços

Schon fast wieder hatte ich sie vergessen, die gelben Bohnen, die letzten Sommer auf den Azoren fast überall zum Apéro gereicht wurden. Ich glaube nicht, dass ich sie zuvor schon mal irgendwo gesehen, geschweige denn probiert hatte. Als wir aus den Ferien zurück waren, fragten wir uns, wie wir in Zukunft an die rankommen. Nichts einfacher als das: gibt’s in jeder mittelprächtigen Migros.

Der Punkt ist: man muss sich an diese Regale ranwagen, in denen all die fremdländischen Nahrungsmittel stehen. Fehlt einem der Bezug, weiss man oft nicht, was man damit anfangen soll. Gleich war es mir mit Ajvar ergangen, der fantastischen Gemüsezubereitung vom Balkan oder auch mit Edamame, den grünen, blanchierten Sojabohnen. Seit ich sie kenne, möchte ich sie nicht mehr missen.

Auf den Azoren nun also waren die gelben Bohnen der Lupine allgegenwärtig. Ich erinnere mich noch genau, wie wir uns schon am zweiten Tag ein Glas gekauft hatten und ich sie als „na ja“ empfunden hatte. Kein Wunder, wenn man die ganzen Samen einwirft und dann drauf rumkaut: so werden sie nicht gegessen. Die müssen – genau wie Edamame – raus aus der zähen Schale, sonst bleibt der Genuss auf der Strecke. Am Anfang hatte ich sie noch mit zwei Händen gehalten, sorgfältig mit den Schneidezähnen perforiert und dann aus der Schale in den Mund gedrückt. Heute geht’s mit einer Hand und ca. im 5-Sekunden-Takt.

Sehr viel Eigengeschmack haben sie nicht, die Tremoços, dafür sind sie ein sehr leichter, bekömmlicher Apéro-Snack, bei dem man schamlos zuschlagen kann und der noch Platz für das anschliessende Essen lässt. Der geringe Eigengeschmack hat aber auch sein Gutes: sie lassen sich problemlos aromatisieren. Glas öffnen, eins bis zwei Knoblauchzehen rein, ein Zweig Rosmarin oder auch Thymian, Glas schliessen. Bereits tags darauf haben sie den Geschmack angenommen und munden gleich nochmals besser.

7-Punkte-Plan zur perfekten Rösti


Rösti

Die Rösti – kulinarisches, schweizerisches Hoheitsgebiet. Der „Tages-Anzeiger“ ging vor einiger Zeit der Frage auf den Grund, wie man sie perfekt hinbekommt. Vier Restaurants, die er besuchte und die für ihren Kartoffelfladen weit herum bekannt sind, gaben ihr Rezept preis. Die Erkenntnis: es führen etwa so viele Wege zur perfekten Rösti wie nach Rom. Die Konsequenz: jeder, der sie selber brät, muss seinen eigenen Weg finden.

Manche der befragten Restaurateure nehmen festkochende, andere schwören auf mehligkochende Kartoffeln, die einen braten sie gleich im rohen Zustand an, die anderen im gekochten, und zwar in Öl, Schweineschmalz oder Butter. In den geriebenen Kartoffeln in der Bratpfanne zuerst noch rühren oder auch keinesfalls mehr berühren, einen Deckel auf die Pfanne legen oder ihn meiden wie der Teufel das Weihwasser – der pure Wildwuchs. Die verschiedenen Arten der Röstizubereitung gleichen einem Glaubensbekenntnis.

So etwas wie ein Originalrezept für Rösti? Fehlanzeige. Die Website „Kulinarisches Erbe der Schweiz“ verbrennt sich denn bei diesem Gericht auch nicht ihre Finger an der Bratpfanne: den Begriff „Rösti“ findet man ob solch ausufernder Rezept-Opulenz nicht einmal.

Also geht’s unter dem Strich eigentlich nur um die Frage: Was macht die perfekte Rösti aus, wie muss sie sein? Schmackhaft natürlich, beidseits schön goldbraun gebraten, aussen knusprig und innen gar, kein Kartoffelmus, aber auch nicht Kartoffelstäbchen, die kaum zusammenhalten. Zumindest ist dies mein Verständnis einer guten Rösti. Wie ich im Verlaufe der Jahre meinen Weg dahin verfeinert habe, sei hier verraten.

  1. Man nehme: die richtige Kartoffel

In den Supermärkten sind die Kartoffeln meist farbcodiert: blau = mehligkochend, enthält viel Stärke; grün = festkochend, enthält wenig Stärke; rot = vorwiegend festkochend, die goldene Mitte. Die soll’s sein, und auf den entsprechenden Beuteln ist ihr Einsatz für Rösti denn auch meist explizit erwähnt. Bei mehligkochenden Kartoffeln besteht die Gefahr, dass sie zu Brei zerfallen, bei festkochenden verbinden sich die geriebenen Kartoffeln zu wenig.

  1. Schonend gegart

Für mich nur noch gekocht, ausser es eilt. Aber nicht irgendwie gekocht, sondern sozusagen schonend gegart. Die Beobachtung, die dem zugrunde liegt: kocht man Kartoffeln auf der höchsten Stufe, so kann die Schale aussen abplatzen, der Randbereich ist pflotschig, innen aber unter Umständen noch zu roh. Was aber wäre optimal? Eine Kartoffel, die durchgehend gleich gar ist. So kam ich auf die Idee, das, was für Roastbeef gilt, auf die Knolle zu übertragen: langsam bei tiefer Temperatur garen. Vorgehen: Kartoffeln ins Salzwasser, den Topfinhalt bei höchster Stufe erhitzen bis es blubbert (sonst dauert es zu lange), ca. 1 Minute kochen lassen, dann auf die niedrigste Stufe, Deckel drauf – da blubbert’s nach kurzer Zeit nicht mal mehr. Jetzt so lange garen, bis die Kartoffeln beim Reinstechen mit dem Messer immer noch gut Widerstand leisten (je nach Grösse der Kartoffeln zwischen 10 und 30 Minuten). Oftmals wird erwähnt, dass die Kartoffeln am Vortag gekocht werden müssen. Meines Erachtens unnötig. Komplett ausgekühlt soll sie sein, wenn sie nach dem Schälen an der Grobreibe gerieben werden, aber dazu reichen ein paar Stunden.

  1. Die beste Pfanne

Mit einer Bratpfanne mit Beschichtung funktioniert’s am besten, alles andere ist Nostalgie. Gusseisenpfannen sind zwar das Traditionsgerät und unkaputtbar, aber Gebratenes löst sich hier einfach weniger leicht als von einer beschichteten Bratpfanne.

  1. Öl, Butter oder Schweineschmalz

Ansichtssache, aber für mich muss es Butter sein, am einfachsten Bratbutter. Auch mit normaler Butter geht’s: gibt man gleich nach dem Schmelzen die geriebenen Kartoffeln in die Pfanne, saugen diese die Butter sofort auf und sie wird – auch dank der nicht zu hohen Brattemperatur – nicht schwarz.

  1. Brathitze

Die besten Erfahrungen mit einer gleichmässigen goldbraunen Färbung habe ich mit 2/3 Hitze gemacht, also ca. Stufe 6 von 9.

  1. Kein Deckel, nicht umrühren

Butter in die Pfanne, schmelzen lassen, Kartoffeln rein, Kuchen formen. Und jetzt Finger weg! Und zwar je nach Herd und verwendeter Pfanne für 10 bis 20 Minuten.

  1. Wenden

Früher habe ich es mit dem schwungvollen Wenden in der Luft probiert. Hat manchmal bestens geklappt, manchmal etwas weniger. Am einfachsten geht es mit einem Silikondeckel, der extra fürs Wenden gemacht wurde: passt auf verschiedene Pfannengrössen, ist schön flutschig, hat keinen Rand. Ebenfalls tauglich: die Unterseite eines runden Backblechs, flache Deckel oder Teller. Also: Deckel drauf, Pfanne wenden, Rösti kurz beiseite stellen, nochmals Butter rein, Rösti am Stück in die Bratpfanne gleiten lassen, andere Seite braten. Fertig.